Von wegen Ferien – Besuch Orgelklasse Prof. Schneider aus Greifswald in Sulzbach und Rhaunen am 26.8.22
Statt die Sommerferien zu genießen, begab sich die Orgelklasse von Prof. Dr. Matthias Schneider mit ihrem Professor auf Exkursion. Es sind Student*innen der Kirchenmusik an der Universität Greifswald, einer der ältesten deutschen Universitäten. In diesem Jahr war das Ziel u.a. das „Stumm-Land“. Das Programm war für eine Woche Dauer sehr gedrängt. Wolfgang Fink berichtet über die Erlebnisse mit der Gruppe während ihres Besuchstages in Sulzbach und Rhaunen.
Von wegen Ferien!
Pünktlich am Morgen kam die Gruppe mit einem selbstgefahrenen Kleinbus in Sulzbach an. Die Kosten sollten im Blick gehalten werden. Übernachtung war für die gesamte Gruppe in einem Ferienhaus bei Kirchberg organisiert. Selbstverpflegung eingeschlossen. Insgesamt zählte die Gruppe 10 Studierende, Prof. Schneider und als lokaler Begleiter und Fachmann Joachim Schreiber, Titularorganist der Stephanskirche in Simmern und langjähriger Organist an STUMM-Orgeln. Bereitwillig erzählten die jungen Leute, die aus unterschiedlichen Ausbildungsstufen kamen, was sie in der Woche bereits gesehen und erfahren hatten.
Im Betrieb der Firma Klais waren sie von Dr. Hans-Wolfgang Theobald in Fragen des Orgelbaus eingeführt worden. Anschließend hatten sie die historischen Stumm-Instrumente in Karden, Treis, Bad-Sobernheim und Simmern kennengelernt. Nun standen sie vor der Kirche in Sulzbach, hatten große Erwartungen an die dortige Orgel, die STUMM-Stube und danach an die beiden STUMM-Orgeln in Rhaunen.
Die Vorstands-Mitglieder des STUMM-Orgelvereins, Heiner Schneider, Inge Klingels und Wolfgang Fink, führten die Gruppe in die Firmenstruktur Stumm in Sulzbach ein, zogen einige Parallelen zwischen Sulzbach und der Hansestadt Greifswald und führten dann durch die STUMM-Stube mit ihren bedeutsamen Original-Exponaten.
Aber, was suchte eine Orgelklasse in den Semesterferien? War es touristisches Interesse? War es ein wissenschaftliches Interesse, einen für sie unbekannten Orgelbauer in seiner Heimat zu besuchen? Weit gefehlt!
Prof. Schneider und seine Klasse waren gespannt auf die Instrumente, ihre Klang- und Spielmöglichkeiten. Jeder hatte einen Koffer voller Noten mitgebracht, die an den einzelnen Instrumenten angespielt werden sollten. Auf diese Weise wird die Erfahrung und Routine von angehenden Kirchenmusikern im Umgang mit fremden und vor allem historischen Orgeln geschult. Sowohl der Professor als auch seine Schüler probierten Register, verwarfen Kombinationen oder freuten sich über die Vielfalt und den Charakter der Einzelregister in allen STUMM-Orgeln.
Man konnte Literatur durch alle Jahrhunderte hören in experimentellen und ungewohnten Klangfarben, man erlebte Studierende der Anfangssemester und solche mit bereits abgeschlossenem Konzertexamen, man hörte hochkonzentrierte Spezialgespräche über historische Aufführungspraxis, man diskutierte Rekonstruktionsfragen, Intonationsschwerpunkte und nationale Besonderheiten und erlebte allerseits ein offenes und ehrliches Interesse am jeweils anderen Heimatort und seinem Umfeld.
Besonders eindrucksvoll gestaltete sich der Gegensatz der Orgeln in den beiden Kirchen in Rhaunen. Da die Kulturlandschaft „Vorpommern“ überwiegend mit Orgeln des 19. Jahrhunderts ausgestattet ist, gab es in Rhaunen sowohl die Gelegenheit, in der ev. Kirche ein frühbarockes Werk mit seinen Tücken und Vorzügen zu spielen und in der kath. Kirche ein romantisches. Der besondere Klang der ältesten noch bestehenden Orgel aus der Werkstatt Stumm faszinierte die Teilnehmer immer wieder. Die Orgel von Gustav Stumm in der kath. Kirche hingegen besitzt zwar einen gewohnteren Klang im Vergleich zu ihren Ausbildungsinstrumenten, auf Grund der Klangstruktur der Register aber deutlich farbigere Vielfalt.
Interessant war zu erfahren, dass ein wichtiger Orgelbauer aus Stralsund, der einige Orgeln im 19. Jahrhundert in Greifswald gebaut hat, im gleichen Ausbildungsbetrieb gearbeitet hat wie Gustav Stumm. Es blieb offen, ob sich die beiden dort sogar getroffen haben.
Nach einem langen und intensiven Tag, von dem alle, Gäste und Gastgeber, etwas mitnehmen konnten, erfolgte ein herzlicher Abschied in der Hoffnung, dass es evtl. zu weiterer musikalischer Zusammenarbeit komme oder dass das Institut gerne erneut den Weg ins „Stumm-Land“ suche.
Mit diesen zahlreichen Eindrücken und Erfahrungen fuhr die Gruppe anschließend in das Elsass weiter, um dort ähnliche Vergleiche mit den Orgeln der Silbermanns anzustellen.
Wolfgang Fink